Traumstadt Edinburgh und der Geheimtipp einer Insel
Träumt nicht jeder Mensch davon, nach dem eigenen Ableben das Paradies zu erleben? Welche Vorstellungen haben wir vom Paradies? Wie sieht es dort aus? Fragen, die wir seit kurzem beantworten können: Überall, wo man hinschaut, sieht man grün-weiße Farben, es ertönen fantastische Gesänge und es herrscht eine herausragende Stimmung! Der Celtic Park, Heimstätte des schottischen Dauermeisters Celtic Glasgow, wird von seinen treuen Fans liebevoll als „Paradise“ angehimmelt. Im Himmel waren wir dort zwar nicht, aber es fühlte sich wirklich einzigartig und befreiend an, dieses Stadion auf unserer Groundhopping-Reise in Schottland live zu erleben.Dabei wirkte zunächst alles sehr skurril: Das Spiel gegen den FC Motherwell begann um 15 Uhr. Wir waren ca. eine Stunde vorher mit dem Taxi aus der Stadt angedüst (Kosten für eine 10-minütige Fahrt nur 5 Pfund – aber Achtung: Auf der Rückreise wollen die Taxifahrer einen abzocken und verlangen das 5-fache). Schnell ein paar Fotos für die Seite und unsere Archive geschossen, einen Schal im Fan-Shop gekauft und ab ins Paradies!
Der Puls und die Vorfreude stiegen ins Unermessliche, als wir die grün-weißen Treppengänge hinauf stiegen. Schließlich hat man als Fußballfan schon so viel Positives über diesen Fußballtempel gehört. In den oberen Katakomben angekommen, wollten wir unser obligatorisches Bier und die Stadionwurst genießen – doch dieses Ritual blieb uns verwehrt. Von den ganzen „Fress- und Trinkbuden“ im Stadion hatten die meisten geschlossen. Und auch verliefen sich nur wenige Zuschauer in den Gängen. Es herrschte quasi eine Geisteratmosphäre im Celtic Park. Hatten wir uns in der Zeit vertan? Waren wir doch im falschen Stadion? Was war los? Schließlich hatte ein Verkaufsstand geöffnet, doch dieser bot weder Bier noch eine Stadionwurst an. Alkoholverbot im gesamten Stadion! Sehr merkwürdig und ein deutlicher Kritikpunkt an dieser schottischen Hochburg.
Als zwanzig Minuten vor dem Anpfiff immer noch verhältnismäßig wenige Fans in den Katakomben anzutreffen waren, wechselte unsere Vorfreude in ein leicht mulmiges Gefühl der Enttäuschung. Wir stapften die restlichen Treppenstufen hoch, um zu unseren Plätzen zu gelangen. Ein architektonisches, wenn auch noch recht leeres Paradies bot sich unseren erstaunten Blicken. Erst sieben Minuten vor dem Anpfiff sahen wir die Massen ins Stadion stürmen und der Celtic Park war mit 54.000 Zuschauern fast ausverkauft. Perfekt!!! Somit erlebten wir eine erneute Steigerung der britischen Tradition, extrem spät ins Stadion zu kommen.
Perfekt war auch die Kurve der eingefleischten Celtic-Fans, auf die wir einen guten Blick hatten: Sie sangen und tanzten ununterbrochen, führten immer wieder unterschiedliche Choreos auf und waren somit für eine wirklich herausragende Stimmung verantwortlich. Selten, wenn nicht sogar nie, hat man eine solche Vielzahl von unterschiedlichen Fan-Gesängen in einem Stadion erleben dürfen.
Die Gäste-Fans aus Motherwell hingegen enttäuschten. Es hatten sich schätzungsweise 100 Menschen im Gästeblock verirrt, auf die wir von unseren Plätzen im Oberrang ebenfalls eine super Sicht hatten. Und das für ein Derby im weiteren Sinne…
Celtic vs. Motherwell 2:0
Beim Spiel des Tabellenführers gegen den Tabellenachten war schnell klar, wer das Heft in die Hand nehmen würde. Champions League Teilnehmer Celtic zeigte immer wieder tolle Angriffskombinationen über die Flügel. Besonders erschienen uns vor allem die technischen Fähigkeiten einiger Spieler, und das in der schottischen Liga. In der 18. Minuten war es dann soweit: Scott Sinclair netzte mit einem fulminanten Linksschuss ein und besorgte somit die Führung für Glasgow. Motherwell konnte die ein oder andere Schwäche der Celtic-Viererkette nicht nutzen und verpasste den Ausgleich.
Im zweiten Durchgang ging es hin und her im Celtic Park. Viele Torchancen wurden sich auf beiden Seiten erarbeitet, die aber nicht zum Erfolg führten. Kurz vor Schluss kam es dann aber doch noch zu einem Treffer. Stürmerstar Moussa Dembèlè verwandelte einen Foulelfmeter sicher zum 2:0 Endstand für die vom ehemaligen Liverpool-Manager Brendon Rodgers trainierte Heimelf.
„I just can`t get enough“ hallte es durch das Paradies, das architektonisch für uns eine Mischung aus dem “Old Trafford” in Manchester und dem “St. James Park” in Newcastle darstellte. Absolut gigantisch und ein Muss für jeden Fußballliebhaber! Die Karten hatte Florian übrigens ganz einfach über die Vereinsseite für 28 Pfund ergattern können. Wenn man dies mit anderen Top-Stadien vergleicht, ein absolutes Schnäppchen.
Nach dem Spiel hatten wir noch ein wenig Zeit, bis der Zug zurück nach Edinburgh startete (die Hin- und Rückfahrt kostet ca. 25 Pfund pro Person und lohnt sich definitiv. Edinburgh hat in allen Facetten viel mehr zu bieten als Glasgow). Somit begleiteten wir einige Celtic-Fans vom Celtic Park in einen Fan-Pub. Bei grandioser Livemusik, in den Farben von Irland verhüllten Menschen (man beachte den Bezug von Celtic zu Irland) und zahllosen Pints erlebten wir hautnah, was es heißt, Tradition von Celtic Glasgow zu leben. Die Fangesänge – eine Mischung aus sentimentalen Volksliedern und modernen Klängen, drangen in unsere Ohren ein und setzten sich dort nachhaltig fest.
Urlaub rund um das Paradies
Leider mussten wir wie so oft die Flüge vor den offiziellen Spielansetzungen buchen, um keine Wucherpreise bezahlen zu müssen. Wir waren uns aber sicher mindestens zwei Spiele sehen zu können, da es im Umkreis von Edinburgh und Glasgow eine Fülle von Spielen in der 1., 2. und 3. schottischen Liga an dem Wochenende gab. Aber: Wir wurden eines besseren belehrt – alle Spiele der drei Ligen wurden für Samstag, 15 Uhr angesetzt. Fast eine ganze Woche in Schottland und nur ein Spiel? Zunächst eine absolute Horrorvorstellung für Groundhopper aber da wir eh Urlaub machen wollten, bastelten wir uns ein optimales Rahmenprogramm.
Edinburgh – Ein Juwel im Norden Europas
2012 besuchten wir das erste Mal Edinburgh und waren damals schon fasziniert. Jetzt, vier Jahre später, festigte sich der Eindruck noch mal um ein Vielfaches. Man könnte ein nie endendes Loblied auf „Edinbraa“ (so sprechen es die Einheimischen aus) anstimmen, so gut gefällt uns die Stadt. Aber man muss die beschauliche Metropole mit Sitz des schottischen Parlamentes vor dem „Arthur`s seat“ wohl selbst erleben. Teilweise fühlt man sich zurückversetzt ins 17. Jahrhundert – viele Gebäude lassen diesen Eindruck entstehen – mal tritt die Stadt einem als hippes Studentenviertel entgegen, das ausgefallene Geschäfte und zahlreiche Pubs und Nachtklubs bietet. Eine fantastische Stadt, die am Fluss firth of forth gelegen ist. Mit ryanair kommt man aus dem Rheinland recht günstig nach Edinburgh. Vom Flughafen in die Stadt fahren ständig Busse, die direkt am Bahnhof halten. Weiterhin können wir alle Ibis-Hotels empfehlen, da sie ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bieten und mitten im Herzen der Stadt liegen.
Die Isle of Arran – Schottland in Miniatur
Bevor wir per Fähre auf die Isle of Arran übersetzten, wagten wir noch einen kleinen Abstecher ins nördlich gelegene St. Andrews. Nach einer knapp zweistündigen Autofahrt von Edinburgh erreichten wir die Kleinstadt, die vor allem durch die alte Universität und den Golfplatz bekannt geworden ist. An der Universität lernten sich u.a. der heutige Kronprinz William und seine Kate kennen, daher gibt es auch das ein oder andere Cafè, das ihren Namen trägt. Ein Besuch der Stadt ist vielleicht weniger aus Klatsch-und-Tratsch Sicht sinnvoll, dafür aber aus historischer und architektonischer Sicht auf jeden Fall lohnenswert.
Von St. Andrews ging es weiter westlich, vorbei am Wallace Monument (nicht wirklich imposant) Richtung Ardrossan. Von dort aus legte die Autofähre zur Isle of Arran ab. Zwingend erforderlich ist eine frühzeitige Buchung eines Fährplatzes, da die Insel bei Einheimischen als Feriendomizil recht beliebt ist.
Unsere Fähre legte in der Dämmerung ab, so dass wir nur die Umrisse unserer recht kleinen, stark verwilderten Insel erahnen konnten. Ein Hauch von “Jurassic Park” ging durch unsere Gedanken. Die Insel gilt bei Einheimischen und Besuchern als das kleine Schottland, da sie viele Vegetationen des gesamten Landes beheimatet. Um den Goatfell (874m) herum erstreckt sich eine karge Felslandschaft, aber auch saftige dunkelgrüne Wiesen bieten Schafen optimale Herbergsplätze.
Was auf einer schottischen Insel natürlich nicht fehlen darf ist eine eigene Whisky-Destillerie: Die im Norden der Insel gelegene Arran Distillery wurde von der Queen höchstpersönlich im Jahre 1997 eröffnet. Somit war ein Tasting des hiesigen Whiskys für uns selbstverständlich. Und dies bekamen wir sogar exklusiv nur für uns alleine.
Geographisch entgegengesetzt befand sich unsere Unterkunft, das Lagg-Hotel. Wer auf den Spuren von Miss Marple wandeln und in der Kulisse eines abgeschiedenen kleinen Hotels sein möchte, kommt hier voll und ganz auf seine Kosten. Mit viel Liebe zum Detail, einem guten britischen Frühstück und einem herrlichen kleinen Kaminzimmer mit englischen Ohrensesseln brilliert das kleine Familienhotel. Einziger Wermutstropfen: Nachts wurde die Heizung im Zimmer ausgestellt. So mussten wir die Nacht mit kompletter Kleidung verbringen. Und trotzdem: dieses Hotel ist in der Nachbetrachtung zu unserer Lieblingsunterkunft aller Groundhopping-Reisen aufgestiegen.
Wer die Ruhe und Einsamkeit mag, Schottland mit all seinen unterschiedlichen Facetten erleben und fantastische Fotomotive vor die Linse bekommen möchte, für denjenigen ist ein Besuch der Isle of Arran absolut empfehlenswert.