Südamerika – in keiner anderen Region wird Fußball leidenschaftlicher gelebt als hier. Einmal ein Spiel in einem der berüchtigten Hexenkessel erleben ist wohl der Traum eines jeden Groundhoppers. Dieses Jahr war es endlich soweit. Auf einer Peru-Rundreise mit meiner Freundin war ein Fußballspiel natürlich fest eingeplant. Aber Groundhopping in Peru sollte schwieriger werden als gedacht…
Die Jagd nach dem Spiel
Wir waren im Februar insgesamt drei Wochen in Peru unterwegs. Angefangen in der Hauptstadt Lima führte uns die Reise über Ica, Nazca, Arequipa, Puno, Cusco bis zum Machu Pichu und wieder zurück nach Lima, wo wir auf einer Hochzeit eingeladen waren.Glücklicherweise hatte die Saison gerade begonnen, sodass ich kurz vor Reiseantritt mit der Recherche beginnen konnte. Als Informationsquelle diente mir die offizielle FIFA Webseite. Die peruanischen Internetseiten sind fast alle ausschließlich in spanischer Sprache. Auf unserer Route gab es insgesamt acht Erstligateams, die in Frage kamen:
- Lima (5): Universitario, Alianza Lima, Sporting Crystal, Deportivo Municipal, San Martin
- Cusco (2): Real Garcilaso, Cienciano
- Arequipa (1) : FBC Melgar
Da die peruanische Liga (Copa Moviestar) nicht nur am Wochenende, sondern auch unter der Woche spielt, war die Chance eigentlich sehr hoch wenigstens ein Spiel zu sehen. Was die Planung jedoch etwas erschwerte, war die Tatsache, dass die Spieltage erst sehr kurzfristig angesetzt werden (ca. zwei Wochen im Voraus). Hinzu kam, dass unser Reiseplan sehr eng getaktet war und wir kaum freie Tage hatten.
Obwohl wir insgesamt fünf Tage in Lima verbrachten, davon vier zur freien Verfügung hatten und insgesamt fünf Teams hier ihr zu Hause haben, blieb uns nur ein einziges Spiel am allerletzten Tag unserer Reise: das Stadtderby zwischen Deportivo Municipal und Universitario. Wir hatten schon von einem Taxifahrer erfahren, dass speziell die Hauptstadt-Vereine große Probleme mit den sogenannten “Fanaticos” haben. Er riet uns dazu Karten in der teuersten Kategorie zu kaufen und das Spiel eine viertel Stunde vor Spielende zu verlassen, um in keinerlei Tumulte zu geraten.
Als wir ortsansässige Freunde von uns auf das Stadtderby ansprachen und von unseren Plänen erzählten, rieten diese uns sofort davon ab. Das Stadion von Deportivo Municipal (10.000 Plätze) ist viel zu unsicher, die Gegend für Ausländer nicht geeignet und die Fans der Gastmannschaft Universitario treten extrem aggressiv auf. Damit war nun auch die letzte Chance auf ein Ligaspiel in Peru gestorben. In den anderen Orten sollten wir die Spiele um einen Tag oder sogar nur um ein paar Stunden verpassen.
Copa Libertadores in Arequipa
Dennoch wollte ich nicht aufgeben und hoffte auf eine eventuelle Spielverschiebung. Ich checkte jeden Tag die FIFA Webseite sowie meine Groundhopping App Groundhopper. Da man sich aber nie 100 Prozent auf die Informationsquellen aus dem Internet verlassen sollte, ist es wichtig mit Einheimischen zu sprechen. Sie sind meist am besten informiert, besonders wenn es um kurzfristige Änderungen von Spielansetzungen geht.
Ich fragte jeden Taxifahrer und Hotelangestellten, ob er ein Fußballspiel wüsste, welches in der Nähe stattfindet. Mit einem unserer Fahrer habe ich mich länger über Fußball unterhalten und er erzählte mir, dass neben der Liga auch die Copa Libertadores (die südamerikanische Championsleague) bereits begonnen hatte.
Tatsächlich zeigte mir meine Groundhopping App in der Stadt Arequipa eines Abends ein Spiel der ortsansässigen Mannschaft FBC Melgar (aktueller peruanischer Meister) an. Das Spiel sollte bereits am nächsten Tag stattfinden. Der Gegner war kein geringerer als der Copa Libertadores Sieger von 2013: Atletico Mineiro (Belo Horizonte) aus Brasilien! Die nützliche Zusatzinformation, dass das Stadion nur 2,8km vom Hotel entfernt war, spornte mich natürlich zusätzlich an. Das Abenteuer Groundhopping in Peru war also doch noch nicht beendet.
Arequipa, Peru
- Hauptstadt der gleichnamigen Region Arequipa im Süden von Peru
- Ca. 844.000 Einwohner (Stand: 2012)
- Höhe: 2335m
- Stadtzentrum ist seit dem Jahr 2000 UNESCO Weltkulturerbe
Auf dem Weg zu einem Restaurant suchte ich mit meiner Freundin ein kleines Reisebüro auf. Ich sprach den Mitarbeiter auf das Spiel an und er telefonierte sofort mit einem fußballbegeisterten Freund, der ihm alle nötigen Infos übermittelte. Er zeichnete mir auf einer Karte die offizielle Vorverkaufsstelle von Melgar ein, sagte mir um wieviel Uhr ich am nächsten Morgen dort sein solle und schrieb mir die Namen der einzelnen Stadionbereiche auf. Da einige Leute der Meinung waren, dass das Spiel bereits ausverkauft sei, recherchierte ich nochmals auf der Facebookseite des Vereins (die offiziellen Vereinswebseiten sind oft nicht aktuell). Ich fand heraus, dass es in der teuersten Kategorie noch ein paar wenige Resttickets geben sollte.
Am nächsten morgen machten wir uns gleich nach dem Frühstück auf zum Ticket Büro, welches um 10 Uhr öffnen sollte. Um 9 Uhr waren wir bereits vor Ort und es hatte sich schon eine kleine Schlange gebildet. Interessanterweise versuchten einige Straßenverkäufer bereits Tickets loszuwerden – und das obwohl Polizei präsent war. Bei genauerem Hinsehen handelte es sich sogar um Originaltickets. Wir entschlossen uns aber für die offizielle Variante. Nach 1 ½ Stunden Anstehen in der glühenden Sonne öffneten sich um 10:30 Uhr dann endlich die Türen. Der Ticketkauf ging reibungslos über die Bühne. Wir zahlten pro Ticket (beste Kategorie) umgerechnet ca. 20 Euro.
Spielbeginn war um 18:45 Uhr. Wir reisten ungefähr eineinhalb Stunden vorher an. Die Schlangen am Einlass waren lang, die Stimmung ausgelassen und alles blieb ruhig.
Aufgrund der freien Platzwahl saßen wir fast auf Höhe der Mittellinie und hatten perfekte Sicht aufs Spielfeld. Das Stadion Estadio Monumental de la UNSA ist eines der Größten in Peru und versprüht mit seiner massiven Betonbauweise den typischen Fußball-Charme der 90er Jahre. Da nur die Längsseiten überdacht sind, hat man einen schönen Blick auf die umliegenden Berge von Arequipa.
Schon lange vor Spielbeginn wurden in beiden Fanlagern Gesänge angestimmt. Eine eingeschworene Gruppe Melgar-Fans in unserem Block verteilte währenddessen schwarze und rote Luftballons. Beim Einlaufen der Mannschaften war dann kein Halten mehr: Bengalos wurden gezündet, Schlachtrufe schallten durch das Stadion, Luftballons wurden geschwenkt und zum Platzen gebracht. Eine unvergleichliche Stimmung, die ich so vorher noch nie erlebt habe.
Das Spiel geriet bei dieser Atmosphäre schon fast zur Nebensache. Die Platzverhältnisse waren mäßig, der Einsatz teilweise übertrieben hart und auch technisch bewegten sich beide Teams auf mäßigem Niveau. Aber da Melgar trotz klarer Außenseiterrolle in Führung ging wurde die Begegnung noch richtig spannend. Am Ende reichte es dann doch nicht ganz und die Brasilianer aus Belo Horizonte entschieden das erste Gruppenspiel der Copa Libertadores mit 1:2 für sich.
Wie uns empfohlen wurde, verließen wir das Stadion eine viertel Stunde vor Abpfiff und fuhren mit dem Taxi zurück in die Innenstadt von Arequipa. Auf dem Heimweg lief natürlich die Liveberichterstattung im Radio. Wir sahen Menschentrauben an Schaufenstern von Elektrofachgeschäften. Sie drückten sich die Nase platt, um die letzten Minuten des Spiels zu verfolgen. Szenen, die an alte Filmaufnahmen von 1954 erinnerten – man merkte welche Bedeutung dieses Spiel für die Einheimischen hatte.
Groundhopping in Peru
- Frühzeitig mit der Recherche und Planung anfangen
- Spanisch Übersetzungs-App herunterladen, die auch offline verwendbar ist (z.B. bab.la)
- Immer wieder Spielansetzungen checken (relativ kurzfristige Spielverschiebungen möglich)
- Mit Einheimischen sprechen und niemals nur auf eine Quelle verlassen
- Infos auf Landessprache aufschreiben lassen, um diese bei anderen Personen verifizieren/ bestätigen zu lassen
- Sich informieren, ob das Stadion in einer sicheren Gegend liegt (Vorsichtsmaßnahmen bezüglich An- und Abreise beachten)
- Datum und Uhrzeiten bei mehreren Quellen überprüfen
- Wenn möglich nur an offiziellen Vorverkaufsstellen Tickets kaufen
- Immer Tickets in den besten/ teuersten Kategorien kaufen (Preise liegen meist zwischen 15 und 30 Euro)
- Beim Ticketkauf zur Sicherheit Reisepass oder Perso mitnehmen, da ab und an danach gefragt wird
- Nur bei offiziellen Taxianbietern einsteigen! (Je nach Ort unterschiedlich gekennzeichnet, am besten im Hotel informieren und sich ein Taxi rufen lassen. Bei der Rückfahrt einen Polizisten oder Security Mitarbeiter des Stadions ansprechen)
- Frühzeitig anreisen und das Stadion 10-15 Minuten vor Spielende verlassen, um nicht in größere Menschenmengen oder gar Tumulte zu geraten