Old Trafford, Anfield und ein Besuch beim ersten englischen Meister
Kinder freuen sich wie verrückt auf Weihnachten – wir seit zwei Jahren noch intensiver auf Ostern. Nicht, weil wir buntbemalten Eiern entgegenfiebern, sondern weil die Feiertage für uns bedeuten: Fußballtour in England – Oster Hopping!
So auch in diesem Jahr. Die Planungen für den Groundhopping-Trip begannen bereits im Januar. Flüge wurden gebucht, ein passendes Hotel ausfindig gemacht, Spielpaarungen recherchiert und Pubs gegoogelt.
Das Osterwochenende eignet sich im Besonderen für eine Stadiontour in England, da normalerweise innerhalb von nur vier Tagen 1 Premier League, 2 Championship und 2 League One Spieltage stattfinden und die Auswahl an Begegnungen sehr groß ist.
Karfreitag: Preston North End – FC Rochdale (League One)
Da die Ankunftszeiten unserer Flüge aus Düsseldorf und München am Karfreitag ähnlich sind, trafen wir uns wie bereits im letzten Jahr am Flughafen von Manchester. Von dort aus ging es mit der Bahn direkt in die Innenstadt zum Hauptbahnhof Piccadilly (Fahrzeit ungefähr 15 Minuten, Kosten ca. 6 Pfund). Wir suchten uns die “Base” wieder in unmittelbarer Nähe zum Piccadilly, um so die Zugverbindungen zu den Spielen außerhalb von Manchester schnellstmöglich nutzen zu können. Somit checkten wir im Ibis Manchester Center Princess Street ein. Wie man es von einem Ibis Hotel kennt, erwartete uns ein solides, einfaches aber sauberes Hotel im Herzen von Manchester (Kosten bei früher Buchung: 140 Euro für 3 Tage/ Person). Die Location war, wie im letzten Jahr auch schon mit dem Double Tree Hotel, perfekt.
Unsere erste Reise führte uns ins nördlich von Manchester gelegene Preston (Zugfahrt ca. 40 Minuten). Bevor wir uns das League One Spiel (3. Liga) Preston North End vs. FC Rochdale anschauten, mussten wir unbedingt noch ins The Black Horse. In Sachen Gemütlichkeit und Wohlfühlfaktor steht dieser Pub in unserem persönlischen “Pub-Ranking” ganz weit oben. Im Erdgeschoss mit einem Thekenbereich und zwei separaten Kaminzimmern ausgestattet, im Obergeschoss eine ähnliche Zimmeraufteilung. Hier genehmigten wir uns das erste Pint.
Danach begaben wir uns zum Deepdale Stadium. Der Fußmarsch vom Black Horse betrug ca. 20 Minuten.
Das Deepdale Stadium mit einer Kapazität von 23.000 Zuschauern und ist die Heimstätte des ersten englischen Meisters der Geschichte: Preston North End. In Sachen Tradition also ein Schmankerl auf unserer Liste. Im 1878 eröffneten Stadion, erwarteten uns ca. 12.300 Fans, was für ein 3.Liga Spiel völlig ok ist. Die Sicht von unseren Plätzen war perfekt, da wir relativ nah am Spielfeldrand in der Verlängerung des Strafraumes saßen. Wir sahen ein sehr unterhaltsames Spiel mit einigen Torchancen auf beiden Seiten, welches verdient mit 1:0 für die Gastgeber endete.
Zurück in Manchester entschieden wir uns am Abend im Zouk indisch zu essen. Das Restaurant befand sich fußläufig fünf Minuten von unserem Ibis Hotel entfernt. Für englische Verhältnisse preislich günstig, genossen wir die wirklich gute indische Küche in modernem Ambiente. Wir sollten nicht das letzte Mal da gewesen sein.
Samstag: Manchester United – Aston Villa (Premier League)
Von der Spielpaarung her betrachtet, freuten wir uns natürlich besonders auf den Samstag. Im Theatre of Dreams einmal ein Spiel zu sehen, dazu noch gegen einen solchen Traditionsverein wie Villa – ein absolutes Highlight!
Zu diesem Spielerlebnis (inklusive Kartenkauf und Pubatmospähre) findet Ihr einen eigenen ausführlichen Bericht!
Wie im Post genauer beschrieben, sahen wir im Old Trafford ein rasantes, nicht immer hoch qualitatives Fußballspiel, jedoch aber ein Traumtor von United-Ikone Wayne Rooney. Die Red Devils gewannen am Ende verdient mit 3:1.
Am Abend zogen wir in die Innenstadt von Manchester. Mit dem Old Wellington fanden wir im Herzen der Stadt einen Pub, der nach Spieltagen einheimische United-Fans und Touristen gleichermaßen beheimatet. Sehr gemütlich mit einzelnen kleinen Zimmern und rustikalen Eichenbalken, die an der Decke freigelegt wurden. Very british!
Der Abend ist kurz erzählt: Nachdem wir uns mit zwei älteren Engländern eine Ewigkeit über Fußball unterhielten, trafen wir im Pub eine Bekannte von Florian (sie hatten sich vor Jahren in Tansania kennengelernt). Sie hatte auf Facebook gesehen, dass wir in der Stadt sind und stieß spontan dazu. Mit ihr und einem Hannoveraner, den wir im Pub aus einer Horde paarungswilliger (schon etwas reiferer) Engländerinnen befreit hatten, zogen wir weiter durchs “Northern Quater”, dem Ausgehviertel in Manchesters. Auf Empfehlung unserer einheimischen Bekannten landeten wir in einer typisch englischen Bar mit viel Britpop Musik, in der wir bis ins Morgengrauen tranken und feierten. Das Bildmaterial, welches an diesem Abend entstand, wollen wir hier nicht veröffentlichen… 🙂
Ostersonntag: Liverpool – Here we come
Das nächste Highlight stand auf dem Programm. Mit noch etwas lädierten Köpfen vom Vorabend, setzten wir uns in die Bahn und fuhren nach Liverpool (Zugfahrt von Piccadilly ungefähr 50 Minuten).
Da wir beide schon dort waren, wussten wir, worauf wir uns freuen konnten. Vom Bahnhof Lime Street (Hauptbahnhof) ging es mit dem Bus direkt zur Anfield Road (Fahrzeit ungefähr 12 Minuten – Kosten ca. 2 Pfund). Typisch für England, liegt das Stadion mitten in einem Wohnviertel. Man steigt aus dem Bus aus, auf der rechten Seite kleine Reihenhäuser, links direkt das Stadion. Wahnsinn! Wir buchten eine Stadiontour für 18 Pfund.
Sich in den Katakomben von “Anfield” aufzuhalten, empfanden wir als etwas ganz Besonderes: Kurze, enge Wege, die Spieler und Manager beschreiten, eine Kabine, die nicht größer als die einer Bezirksligamannschaft ist, Holzbänke, auf denen die Spieler während der Vorbesprechung ihrem Trainer lauschen, auf dem Kabinenplatz von Liverpool-Ikone Steven Gerrard zu sitzen, das Liverpool-Wappen, das jeder Spieler berührt, wenn er ins Stadion einläuft, …. mehr Tradition geht wohl nicht!
Wenn man das Stadion durch den Kabinentrakt betritt, sieht man zu seiner rechten Seite die legendäre “The Kop”-Tribüne. Auffallend und typisch für den englischen Fußball: die beiden Trainer- bzw. Auswechselspielerplätze, die nur einen Meter voneinander entfernt sind. So etwas gibt es im deutschen Profifußball nicht. Man stelle sich vor, Christian Streich und Gertjan Verbeek direkt neben einander – und dazwischen noch Bibiana Steinhaus. Da wäre eine Eskalation vorprogrammiert.
Da gerade einer der beiden Haupttribünen erweitert wurde, befand sich außerhalb des Stadions eine Baustelle. Dies hatte zur Folge, dass das Mahnmal zur Hillsborough Katastrophe (96 Tote im FA-Cup-Halbfinale zwischen Liverpool und Nottingham Forest 1989) temporär abgebaut wurde. Schade!
Nach der Tour ging es wieder mit dem Bus zurück in die Innenstadt direkt an die Merseyside. An den Docks entlang schlendern, das Lichtspiel von Nebel und Sonne beobachten, “Ferry cross the mersey” von Gerrry & the Pacemakers im Ohr… das ist Liverpool.
Aber was wäre diese Stadt ohne Ihre berühmtesten Söhne: The Beatles
Nach einer guten Stärkung und einem kleinen Sightseeing-Trip durch die Innenstadt wanden wir uns die Treppenstufen des Cavern Clubs hinunter. Die Kultstätte der Beatles. Hier spielten sie zu Beginn ihrer Karriere hunderte Male.
Der Gewölbekeller, der direkt neben dem ursprünglichen Covern Club errichtet und restauriert wurde, zeigt das Original as its best. Hier hat man das Glück (wenn man es denn möchte), den ganzen Tag lang Beatles-Songs von ausgewählten Live-Acts zu hören. Mal nur in Gestalt eines Solokünstlers mit Akustikgitarre, mal als 4-köpfige Band, die in Anzügen und Pilzkopffrisuren auftreten. So war es bei uns: Eine Beatles-Coverband spielte einen Evergreen der Fab Four nach dem nächsten. Man konnte und wollte sich dem Mitsingen nicht entziehen.
Dass mehrere Generationen im Cavernclub die Beatlessongs gemeinsam sangen und ausgelassen zur Musik tanzten, zeigte uns, dass das Werk der Beatles bis heute und auch in Zukunft Bestand haben wird.
Da wir noch am selben Abend den Zug Richtung Manchester nehmen mussten, konnten wir leider nur ein paar Stunden im Cavern bleiben. Wir wären gerne länger geblieben…
P.S.: Das Museum „The Beatles Story“ an den Docks in Liverpool sowie die “Magical Mystery Tour”
– eine Bustour an die historischen Stätte der Beatles – sind nur zu empfehlen.
Ostermontag: Wigan – Derby County (Championship)
Wenn es eine Chance für Wigan gegeben hätte, den Klassenerhalt in der 2. englischen Liga zu sichern, wäre an diesem Tag wohl die letzte gewesen.Aber von vorn: Die Fahrtzeit mit dem Zug von Piccadilly ins nördlich gelegene Wigan dauert ca. 40 Minuten. Da wir relativ früh in der Stadt eintrafen, hatten wir noch genügend Zeit für Erkundungen und Besichtigungen. Man muss allerdings sagen, dass Wigan mit seinen 87.000 Einwohnern nicht wirklich zu den schönsten Städten Nordenglands zählt. Somit machten wir uns auf den Fußmarsch zum Stadion. Da das DW Stadium (Kapazität: 25.000 Zuschauer) etwas außerhalb liegt, braucht man vom Bahnhof eine knappe halbe Stunde.
Wigan Athletic (2013 noch F.A. Cup Sieger!) spielte leider nicht wirklich so, als ob sie den Abstieg in die League One noch verhindern wollten. Das sahen auch die 14.700 Zuschauer so. Am Ende hieß es aus Sicht der Gastgeber 0:2. Wie in fast allen englischen Stadien saßen wir direkt am “Pitch”. Die Sicht war toll, der Rasen super gepflegt.
Das Beeindruckendste an dieser Stadiontour waren aber die Gästefans aus Derby. Vor dem Spiel sämtliche Pubs in ihrer Hand, machten sie während der gesamten Partie eine grandiose Stimmung (im Gegensatzu zu den Wigan-Fans).
Wir hatten das Glück, direkt neben der Gästetribüne zu sitzen, sodass wir die Gesänge und frenetischen Jubelchöre hautnah miterleben durften. Wenn die Fans auswärts so eine Stimmung verbreiteten, wie soll das dann erst im Heimstadion sein? Nach dem Spiel war für uns klar, dass uns eine der nächsten Touren nach Derby führen wird.
Für Wigan war nun gewiss, dass sie den bitteren Gang in die 3. Liga antreten mussten. Derby hingegen bewahrte sich mit dem Sieg die Chance zum Aufstieg in die Premier League.
Was sonst noch von Wigan bleibt: Wir ergatterten uns in einem Sportgeschäft Trikots von Liverpool-Ikone Steven Gerrad. Wenn man die Anfield-Road besucht, muss man sich ein Trikot der Reds kaufen. In Wigan war es allerdings deutlich preiswerter. 🙂
Bevor wir am Dienstagmorgen wieder in die Heimat fliegen würden, suchten wir am Abend in Manchester erneut das indische Restaurant Zouk auf.
Es war wieder einmal ein gelungenes Oster Hopping Wochenende mit drei Live-Spielen, einer Stadiontour, Beatles-Musik, tollen Pubs und interessanten Städten.
Wir kommen wieder!